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Das erste Mal am Meer in Italien

Text: Barbara Bischoff

Ende der 40er Jahre kamen Gastarbeiterinnen aus Italien in die Schweiz. Da meine Mutter italienisch sprach, hatte sie Kontakt zu einigen Frauen. In der Nachbarschaft war Elda in einem Privathaushalt angestellt. Sie war oft bei uns, und meine Mutter erklärte ihr das Leben in der Schweiz. Wir Kinder mochten die junge Frau sehr. Sie machte meine Mutter «gluschtig» auf Ferien an der Adria. Sie entschloss sich, zusammen mit ihrer Schwester das Wagnis einzugehen und die fünf Sommerferien-Wochen 1953 mit uns in Italien zu verbringen.

(Fortsetzung)

Elda anerbot sich, uns eine Unterkunft zu suchen. Mein Vater und mein Onkel hatten keine Lust auf diese Ferien. So beschlossen meine Tante und meine Mutter, alleine mit den sechs Kindern zwischen neun und einem Jahr mit dem Zug zu verreisen.
Wir waren sehr aufgeregt auf dieses Abenteuer, es war im Städtli bald bekannt, dass wir nach Italien fahren würden. Das war für andere Familien die Gelegenheit, ihr Kind begleitet zu den Verwandten zu schicken. Schlussendlich nahmen wir noch drei andere Kinder mit auf die Reise. Das erste wurde in Bellinzona von der Grossmutter abgeholt, das nächste in Como und das letzte übergab meine Mutter in Mailand einer Verwandten.
Dort mussten wir auch umsteigen. Wir kamen abends spät, müde und überhitzt in Marina di Ravenna an, wo uns Elda bereits erwartete. Es waren wundervolle Ferien, auch wenn ich meinen Vater vermisste.
Auch die Rückreise war abenteuerlich. In Milano blieben wir stecken, und so erreichten wir Zürich erst nach Mitternacht, wo unsere Väter uns schon leicht angeheitert erwarteten. Nachts um 2 Uhr waren wir endlich zu Hause. Dort sperrte meine Mutter als erstes alle Fenster auf, um die kühle Nachtluft herein zu lassen. Das bewog meinen achtjährigen Bruder, der das Klavier in diesen fünf Wochen sehr vermisst hatte, sich hinzusetzen und zu spielen. Am nächsten Morgen hörte mein Vater als Erstes: Die Familie ist also wieder heimgekehrt, wir haben das Klavier in der Nacht wieder gehört…
Noch eine kleine Episode zu diesen Ferien: Mein Onkel hatte meiner Tante ein Telegramm geschickt, bevor er uns für einige Tage besuchte. Er gab die Ankunftszeit bekannt und als Unterschrift standen sechs Männernamen, was für Verwirrung sorgte. Die Mütter überlegten, ob er wohl in Begleitung seiner Freunde nach Ravenna kommen würde. Die Aufklärung: Mein Onkel hatte seinen Namen bei der telefonischen Aufgabe des Telegramms buchstabiert, indem er verschiedene Namen sagte, W wie Walter usw... Mein Onkel hatte sich auch gewundert, warum das Telegramm so teuer gewesen war!

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