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Frühlingstagung mit viel Frauenpower

Text: Marianne Stohler, Irmgard Bayard, Andrea Fetz, Barbara Bischoff, Monika Fischer
Fotos: Janine Verdura

Frühlingstagung mit viel Frauenpower
Die letzten Monate gab es bei manchen Frauen der GrossmütterRevolution viel Unsicherheit und bange Fragen: Wie wird es weitergehen nach dem Rückzug der finanziellen Sicherung durch Migros-Kulturprozent? Wird es der neu gegründete Verein GrossmütterRevolution schaffen? Kann die beliebte Frühlingstagung auch ohne Anette gut durchgeführt werden? - Es klappte, und wie! Umso grösser war die Freude über den erfolgreichen, mit eigenen Kräften organisierten Anlass. Die fünf Frauen des Teams der Frauenweis(s)heiten berichten, wie sie den Anlass erfahren haben und freuen sich jetzt schon auf die Herbsttagung vom 3. November 2023 in Luzern.

(Fortsetzung)

Wie wird es sein?
Mit gespannten Erwartungen, aber auch mit einigen Bedenken reiste ich nach Kappel, wo die erste Tagung des Vereins GrossmütterRevolution stattfand. Wie wird es wohl sein?
Bis jetzt waren diese Tagungen für mich jeweils ein Highlight in meinem Engagement für die GrossmütterRevolution. Dort spürte ich sie, diese Energie, diese Kraft und die Freude, auch als alte Frauen noch viel zu bewirken, alte Muster zu verändern.
Schon bei der Ankunft im ehemaligen Kloster Kappel war ich begeistert über den schönen, ein wenig höher gelegenen Ort mit dem weiten Blick über die Landschaft. Die lange Geschichte dieses Ortes war spürbar, der Empfang herzlich.
Bald schon waren wir im grossen hellen Saal versammelt. Wie immer fühlte ich mich sofort wohl im Kreise dieser Frauen. Ich sah altbekannte Gesichter, aber auch recht viel neue, jüngere, alte Frauen, die sich nun im Kreise der GrossmütterRevolution eingefunden hatten.
In den Kleingruppen mit Diskussionen zu verschiedenen Themen konnte jede frei ihre Meinung äussern und wurde ernst genommen. Ich war begeistert von den kämpferischen, lustvollen Ausführungen von Zita Küng. Ich spürte, wie wir alle mitgingen, unsere gemeinsame Kraft spürten. Alle Diskussionen waren sehr gut vorbereitet und wurden durch Pausen oder gymnastisch/tänzerische Bewegungsabläufe unterbrochen, die unsere Fachfrau Regina kompetent anführte. Ich genoss das gute Essen, das gemeinsame Trommeln im Hof vor der majestätischen Kirche und das gemütliche Beisammensein.
Am Schluss der gemeinsamen Tagung waren wir uns einig. Die gewohnte Qualität der Vorbereitung und der Durchführung wurde beibehalten. Auch wenn die Gründungsfrauen der GrossmütterRevolution weitgehend fehlten, wurde die Hoffnung bestärkt, dass die neuen Kräfte und Ideen der jüngeren alten Frauen eine sinnvolle Weiterentwicklung der GrossmütterRevolution ermöglichen.

Marianne Stohler

Alte Frauen sind weltrelevant
Soll ich mich anmelden oder nicht? Immer wieder hatte ich mich gefragt, ob es für mich Sinn macht, an der Frühlingstagung - meiner ersten - teilzunehmen. Nicht, weil mich das Thema nicht interessiert hätte – ganz im Gegenteil: Ich finde, wir alten Frauen sind sehr welt-relevant. Meine Bedenken gingen in eine andere Richtung: Für mich sind Veranstaltungen mit vielen Leuten ein Gräuel, ich fühle mich dabei in der Regel unwohl und meide solche Treffen wenn möglich. - Schliesslich hatte ich mich doch dazu entschlossen – und es keine Sekunde bereut. Ich blieb sogar länger als geplant. Von der Dynamik, die von allen Frauen ausging, habe ich enorm profitiert, habe daraus Kraft geschöpft. Zusammen konnten wir nachdenken, Ideen entwickeln, aber auch herzlich lachen. Ich fühlte mich in meinem Tun bestätigt und mache mit Überzeugung weiterhin im RegioForum Oberaargau und beim Matronat mit.

Irmgard Bayard

Frauenpower
Mit vier Frauen reiste ich via Zürich mit dem Zug Richtung Albis. Das Postauto in Baar füllte sich innert Minuten mit anderen «alten« Frauen, und fröhliche «Hallo»-Rufe, ein reger Austausch füllte das Gefährt.
Immer mehr Frauen trudelten ein. Es wurde an frühere Begegnungen angeknüpft, neue Bekanntschaften wurden geschlossen. Es waren so viele, dass es in zwei Tagen gar nicht möglich war, mit allen ins Gespräch zu kommen.
Im Saal wurden wir begrüsst und von Zita Küng wachgerüttelt. Sie forderte uns auf, uns ins Weltgeschehen einzumischen und Zerstörung der Umwelt, Krieg, die schwindende Solidarität unter Geschlechtern, Generationen und Menschen mit unterschiedlichem ökonomischem Status nicht den Selbstoptimierern zu überlassen. Die schlimmste Entwicklung sei, dass den Frauen die Lust an der Welt abhandengekommen sei. Sie rief uns dazu auf, unsere Sichtweise einer lebenswerten Welt einzubringen. Indem wir alten, weisen Frauen unsere Kompetenzen und langjähriges Wissen einbringen in lokale Organisationen und Bewegungen.
In der Gruppenarbeit zur Planung der Umsetzung unserer Anliegen für die Welt wurde mir wieder bewusst, was für kompetente, energiegeladene Frauen sich unter dem Label GrossmütterRevolution zusammenfinden. Ich bin jedes Mal überwältigt. Wissen wird eingebracht, moderiert, Massnahmen werden konkretisiert und für deren Umsetzung finden Vernetzungen statt. Die Ideen sind so vielfältig wie es Frauen gibt. Dennoch ist das Arbeitsklima von Respekt und Wohlwollen geprägt. - Nach zwei Tagen kehrte ich müde, doch beschwingt und voller Energie nach Hause zurück.

Andrea Fetz

Wir sind alt und stolz darauf
Was heisst das für uns? Angeregt durch das Referat von Zita Küng haben wir uns auf eine Aussage konzentriert und darüber diskutiert.
Um unser Altsein stolz zu leben braucht es eine gute Portion Selbstwertgefühl. Selbstwert wurde unserer Frauengeneration nicht mit auf den Weg gegeben, vielmehr wurden wir Mädchen/Frauen überwiegend zu Zurückhaltung erzogen. Sätze wie: Das macht ein Mädchen nicht; stell dich nicht in den Vordergrund etc. haben sicher die meisten von uns gehört.
Wir sind aber auch weise geworden. Lebenserfahrungen haben uns diese Weisheit gelehrt. Wir sind fähig, mit Sachlichkeit zu argumentieren, dabei aber auch die Emotionalität nicht zu negieren. Durch die Emotionalität bin ich auch zur Empathie fähig.
Was mache ich nun mit diesen Schlagwörtern? Und was braucht es dazu?
Wir alten Frauen müssen sichtbar sein oder werden. Ich muss mich auch selber akzeptieren, so wie ich bin. Dabei darf ich anders denkende alte Frauen nicht vergessen und muss akzeptieren, dass sie einen anderen Weg eingeschlagen haben.
Wichtig ist, dass ich mich um mich kümmere, dass ich mich wichtig nehme. Auch wenn ich durch mein Verhalten aus meiner bisherigen Frauenrolle/Mutterrolle schlüpfe.
Durch diese innere Freiheit entscheide ich selbstständig was ich will, kann, tue. Fange ich mit der Umsetzung einmal an, dass ich nein sage, obwohl mein Umfeld ein Ja erwartet?

Barbara Bischoff

Ich und die Welt
Vor der Reise an die Frühlingstagung dachte ich, es wäre wohl aus gesundheitlichen Gründen besser, zuhause zu bleiben. Wie froh war ich, dass ich meine Müdigkeit überwunden hatte. Die herzlichen Umarmungen, der Austausch mit vielen Frauen, die kraftvollen Voten von Zita Küng, das gemeinsame Tanzen, Trommeln und Rasseln füllten mich mit neuer Energie.
«Wie können wir uns im Zusammenhang mit dem leidigen Patriarchat von dem befreien, was die Welt, was unsere Erde aktuell derart be-herrscht und kaputt macht?» Diese Frage der Referentin traf das, was mich beschäftigt und Ohnmachtsgefühle auslösen kann. Besonders freute mich ihr Hinweis, es sei eine wesentliche Komponente des Feminismus, sich nicht bloss um Einzelpersonen zu kümmern, sondern Verantwortung für die Welt zu übernehmen, den Blick wohl selbstverständlich auf das Individuum und auf das Ganze zu richten. Wie gut tat auch ihre Aussage, es gebe nicht den einzig richtigen Feminismus, dieser sei vielseitig.
Mit ihren praktischen Beispielen machte Zita Küng Mut, dass gerade wir alten Frauen, die nichts mehr zu verlieren haben, mit unseren Erfahrungen (z.B., dass Wirtschaft ohne Care nicht möglich ist) im Kleinen etwas bewirken können, wenn wir Visionen haben, uns vernetzen und zusammentun. Ja: Wir müssen die Definitionsmacht und wichtigen Fragen zu uns holen und Orte haben, wo das, was uns wichtig ist, zum Thema wird. Wie gut zu wissen: Durch den Verein GrossmütterRevolution haben wir einen solchen Ort, wie uns die letzten 12 Jahre gezeigt haben. Die Frühlingstagung 2023 war für mich das beste Beispiel, was möglich ist, wenn frau etwas wirklich will. Ein grosser Dank gilt den Organisatorinnen und allen Beteiligten.

Monika Fischer

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