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«Ich liebe es, in Bewegung zu sein»

Maya Eigenmann Fisch beim Gespräch mit der Autorin
Maya Eigenmann Fisch beim Gespräch mit der Autorin

Text und Foto: Irmgard Bayard


Maya Eigenmann Fisch aus dem RegioForum Oberaargau ist eine der Frauen, welche den neuen Verein der GrossmütterRevolution aufgegleist haben und nun im Vorstand mitwirken. Sie erzählt von diesem intensiven Jahr und aus ihrem Leben. «Eine Organisationsentwicklung ist immer interessanter als eine Reorganisation», sagt sie. «Das Mitmachen in dieser Vorbereitungsgruppe war wie auf mich zugeschnitten.»

(Fortsetzung)


Es sei sehr intensiv gewesen. 18 Sitzungen, total etwas mehr als 50 Stunden Dauer seien es seit Januar 2022 gewesen, an denen sich die Frauen in der Übergangsphase bis zur Vereinsgründung am 30. September ausgetauscht hätten. «Selbstverständlich ist es mit den Sitzungen nicht getan, denn daraus resultierten Folgeaufträge wie zum Beispiel das Erstellen der Statuten und vieles mehr.» Wenn sie davon spricht, leuchten ihre Augen. «Mitzuerleben, wie ein paar Frauen innert kürzester Zeit miteinander mit einem klaren Ziel vor Augen etwas entwickeln, war für mich ein persönlicher Gewinn», fährt sie fort und schwärmt von der Konsent bezogenen Arbeit. Dass sie im neu gegründeten Vorstand mitarbeiten werde, war für sie ebenfalls klar. «Die erste Sitzung hat bereits stattgefunden, die Grobplanung bis zur Frühlingstagung 2024 ist erstellt und die Folgeaufträge sind verteilt.» Immer in Bewegung zu sein brauche sie, sagt Maya Eigenmann Fisch. Das hat sie wohl von ihrem Vater mitbekommen.


Flexibilität dank vielen Schulwechseln

Geboren ist sie am 14. Juni 1953 in Winterthur, wo sie bis zum Kindergarten aufwuchs. «Mein Vater hatte einen grossen Freiheitsdrang, deshalb sind wir oft umgezogen», sagt sie und erzählt davon, wie er das Abendtechnikum abbrach, sich selbstständig machte, dann wieder da und dort arbeitete. «Wir haben oft von der Hand in den Mund gelebt.» Vor allem für die Mutter sei dies nicht einfach gewesen. Bis zur 5. Klasse wohnte die Familie, zu der eine weitere Tochter gehört, in Olten. «Für mich als Asthmakind nicht optimal», blickt sie zurück. In dieser Hinsicht war der Umzug ins Wallis eine Erlösung. Die restliche Primarschule und einen Teil der Sekundarschule absolvierte sie im nebelfreien Sierre. In Stettlen im Kanton Bern beendete sie schliesslich nach einem erneuten Umzug die Sekundarschule. «Während der ganzen Schulzeit habe ich die staatspolitischen Eigenschaften der Schweiz kennengelernt», sagt Maya Eigenmann Fisch und lacht. Obwohl nie eine Note unter einer 5 im Zeugnis, musste sie im Kanton Bern als Zuzügerin eine Klasse wiederholen. Trotz dieser Unwegsamkeiten erinnert sich Maya Eigenmann Fisch an ein warmherziges Familienmilieu. «Vor allem unser Vater war sehr stolz auf uns Töchter und hat uns ermutigt, eine gute Ausbildung abzuschliessen, damit wir im Beruf weiterkommen.» Von ihren Eltern hat sie zudem die Liebe zur Natur mitbekommen. Und zu Tieren. «Wir hatten immer Hunde.»


Breite Aus- und Weiterbildung
Mit den ständigen Umzügen in ihrer Jugend erklärt Maya Eigenmann Fisch ihre Flexibilität, ihre Neugier und die Lust auf Neues. Nach dem Abschluss der Handelsschule in Bern arbeitete sie in Neuenburg und besuchte eine Sprachschule in England. «Für letztere habe ich übrigens vom Migros Kulturprozent einen Unterstützungsbeitrag erhalten», erzählt sie und lacht. Denn schliesslich war die GrossmütterRevolution bis vor kurzem ein Projekt eben dieses Kulturprozentes. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz arbeitete sie lange in Bern in einem Buch- und Zeitschriftenverlag. «Da ich immer gerne zur Schule ging, hatte ich Lust auf Weiterbildung», nennt sie den Grund für den Abschluss als Direktionssekretärin. Als solche gearbeitet hat sie allerdings nie. Und auch das nach der berufsbegleitend abgeschlossenen Matura in Angriff genommene Wirtschaftsstudium brach sie ab. «Ich fand den Unibetrieb überhaupt nicht kompetent und die Studierenden zu brav. Trotz Widerlichkeiten hat nie jemand aufgemotzt.» Erst mit den Erwachsenenbildungskursen fand sie eine Berufsrichtung, die für sie stimmte.


Politisches Engagement
Während ihrer Zeit in Bern wohnte sie in einer WG, wo sie ihren späteren Mann Christoph Fisch kennenlernte. Maya Eigenmann trat damals zwar der SP bei, fand aber deren Umgang mit Frauen nicht optimal. Sie fühlte sich zu wenig ernst genommen. Erst als in Bern die SP-Frauensektion gegründet wurde, fand sie eine politische Heimat. «Von Frauen wie Marie Böhlen, Gret Haller und Alice Christen konnte ich viel Spannendes hören und erleben. Dort habe ich auch gelernt, vor Leuten zu sprechen, Sitzungen zu leiten», kommt sie ins Schwärmen. Etwas, das ihr in späteren Jahren häufig zugutekommen sollte.
1988 heirateten sie und Christoph. «Natürlich erst nach der Einführung des neuen Eherechts», wie Maya Eigenmann Fisch betont. Ein Jahr später zogen die beiden in den Oberaargau nach Madiswil in ein Eigenheim, wo sie heute noch wohnt. Mit dem Eintritt in eine damals noch florierende SP im Dorf setzte sie ihr Engagement in der Politik fort, verpasste nur knapp die Wahl in den Gemeinderat, wurde jedoch SP-Amtsverbandspräsidentin im damaligen Amt Aarwangen und kandidierte 1994 für den Grossen Rat des Kantons Bern, wo sie als erster Ersatz ein Jahr später nachrutschte.


Ein unerwartetes Geschenk

Ein einschneidendes Ereignis war 1996 die Geburt ihres Kindes Sofia. «Ungeplant und doch erwünscht, ein unerwartetes Geschenk», sagt sie und ist überzeugt, «das Beste, was mir je passieren konnte – in jeder Hinsicht.» Als berufstätige Mutter – in Langenthal war sie bis zu ihrer Pensionierung Fachlehrerin in der Kaufmännischen Berufsschule – hiess es von nun an, sich neu orientieren. «An dem Tag, an dem ich die meisten Stunden unterrichtete, schaute mein Mann zu Sofia, und während der Session engagierten wir eine Tagesmutter.» Ein Spagat, der zu jener Zeit noch nicht alltäglich war. Das politische Gen hat sie übrigens an Sofia weitergegeben. «1984 kandidierte ich in Bern für den Stadtrat. Ich war chancenlos, Sofia hingegen wurde erster Ersatz und konnte diesen Oktober nachrutschen.» Auch Sofia politisiert links. Je älter Sofia wurde, desto mehr musste Maya Eigenmann Fisch ihre Sprache anpassen. Sofia ist queer, identifiziert sich also weder als Frau noch als Mann, ein Pronomen ist deshalb fehl am Platz. «Ich bin in einer binären Welt aufgewachsen und hatte früher keinen Zugang zu nicht-binären Menschen», gibt Maya Eigenmann Fisch zu. Dass Sofia heute nicht mehr ihr Mädchen, sondern ihr Kind ist, stellt für sie kein Problem dar. «Ich bin froh, dass Sofia im Freundeskreis gut aufgehoben und glücklich ist.» Ein herber Einschnitt im Leben war der Tod ihres Ehemannes 2014. Seit einiger Zeit ist Maya Eigenmann Fisch jedoch wieder glücklich liiert.


Peppige Frauen kennengelernt
Auch nach der Pensionierung ist sie immer und am liebsten in Bewegung. So war für sie sofort klar mitzumachen, als sie die Anfrage zum Aufbau des RegioForum Oberaargau der GrossmütterRevolution erhielt. Zwar war der Einstieg infolge Corona etwas holprig und musste verschoben werden, heute ist das RegioForum Oberaargau jedoch sehr aktiv. «Ich habe sofort gemerkt, dass dort und in der ganzen Schweiz bei der GrossmütterRevolution peppige alte Frauen am Werk sind, die etwas draufhaben.» So verwundert es nicht, dass Maya Eigenmann Fisch sich für den Kalender nackt fotografieren liess. Bei der ersten Anfrage habe sie zwar noch gedacht, dass dies nicht in Frage komme. «Aber beim zweiten Mail habe ich mich umentschieden.» Mit einem Morgenmantel im Gepäck reiste sie zum Fototermin und stellte einmal mehr fest, wie locker die Atmosphäre unter den alten Frauen ist. Deshalb war für sie auch ganz klar, dass sie nach dem Rückzug des Migros Kulturprozentes an der Organisationsentwicklung teilnehmen will, «damit so ein einmaliges, einzigartiges Gefäss bestehen bleibt», wie sie festhält. Und wie sagte Maya Eigenmann Fisch schon zu Beginn des Gesprächs und immer wieder: «Ich liebe es, immer in Bewegung zu sein.

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