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​Die GrossmütterRevolution lebt weiter

Monika Fischer

An meine erste Teilnahme an der Frühlingskonferenz der GrossmütterRevolution 2012 erinnere ich mich, als ob es gestern gewesen wäre. Bei der Einladung hiess es, wir sollten für die Vorstellung eine Foto aus der Kinderzeit mitnehmen. Die Bilder der kleinen Mädchen mit Zöpfen und Schleifen im Haar sahen einander ähnlich. Das schaffte vom ersten Moment an Verbundenheit. Auch wenn unsere Biografien unterschiedlich verlaufen waren, sind wir doch im gleichen Zeitraum unter den damals geltenden Bedingungen aufgewachsen.

(Fortsetzung)

In den bisherigen zehn Jahren meines Mitmachens bei der GrossmütterRevolution war das Verbindende zwischen den unterschiedlichen Frauen stärker als das Trennende. So hatte ich die Frauenbefreiungsbewegung nicht miterlebt wie andere Frauen. Ich wohnte zu diesem Zeitpunkt nach meiner frühen Heirat 1968 auf dem Land in einem stockkonservativen Umfeld. Und doch bin ich einen ähnlichen Weg weitgehend allein gegangen.
Bei der GmR begegnete ich Frauen, die mit gleichen Anliegen unterwegs waren. Besonders angesprochen hatte mich bei meiner ersten Tagung das Thema der Care-Ökonomie, begleitet es mich doch zeitlebens. Bis heute reibe ich mich am Missverhältnis der Bedeutung der Sorge für Mensch und Natur auf der einen und auf der anderen Seite der Nichtbeachtung der Thematik auf der gesellschaftspolitischen Ebene. In Arbeitsgruppen, auf Tagungen, in verschiedenen Schriften, bei der Vorbereitung zur Kundgebung «Das Alter ist uns teuer, kostbar» hatten wir uns intensiv damit auseinandergesetzt.
Wir wollten auch als alte Frauen sichtbar sein, uns einmischen und gehört werden.

Verantwortung für sich und den Zustand der Welt
Aufgrund unserer Lebenserfahrungen beschäftigten wir uns immer wieder mit unserer Geschichte und der fehlenden Gleichberechtigung und setzten uns lautstark auch mit jungen Frauen für entsprechende Anliegen ein. Mit den Jahren haben sich die Inhalte leicht verschoben resp. ausgeweitet. Dies zeigte sich an den aus unseren Reihen hervorgegangenen Klimaseniorinnen. Deutlich wurde es auch an der Herbsttagung 2019 im Zusammenhang mit dem Impulsreferat von Andrea Maihofer, em. Professorin für Geschlechterforschung an der Universität Basel. Sie zeigte auf: Manche aktuellen Bewegungen stehen in Konkurrenz zueinander anstatt sich zu verknüpfen. Es gelte, eine neue Bündnispolitik zu entwickeln aus der Einsicht heraus, dass Sexismus, Rassismus, Imperialismus, soziale Ungerechtigkeiten und Klimawandel zusammenhangen. Wichtig sei, nicht nur sich selber ins Recht zu setzen, sondern auch andere Meinungen zu beachten, Widersprüche und Differenzen auszuhalten und durch die produktive Form der Auseinandersetzung eine Haltung der Solidarität zu entwickeln. Darüber hinaus gelte es, individuell und kollektiv die Verantwortung für die eigene Gesellschaft und den Zustand in der Welt zu übernehmen.

Eine Vision, wohin wir wollen
Die Referentin regte uns zum Weiterdenken an. Wir möchten uns weiterhin sowohl mit uns als alten Frauen als auch mit der Sorge um die Welt beschäftigen. Diese Ausweitung kommt im neuen Manifest zum Ausdruck, das den Boden bildet für die Weiterführung der GrossmütterREvolution mit anderen Strukturen. Denn eine soziale Bewegung lebt von den Menschen, die sich engagieren und so auch das scheinbar Unmögliche möglich machen.
Das ist in der unserer Zeit, geprägt von Grossmachtfantasien einiger Männer, von Krieg, Klimakrise, Lügenkultur, drohenden Hungersnöten und Energieknappheit besonders wichtig. Die aktuelle Ansammlung von Krisen kann Ohnmacht auslösten. Dem will sich die GrossmütterRevolution entgegenstellen und Mut und Hoffnung vermitteln. So erfuhr es die AG DenkRäume an ihrer letzten Sitzung bei der Diskussion über das Büchlein «Vom Schöpfen und Erschöpfen» (Gespräch der Politökonomin Maja Göpel und der Philosophin Eva von Redecker mit den HerausgeberInnen Maximilian Haas und Margarita Tsomou). Der folgende Text auf der Umschlagseite gab den Beteiligten neue Energie:

«So, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben. Stattdessen braucht es eine radikal andere Idee oder Vision davon, wohin wir wollen, und dann ganz viele Schritte auf dem Weg dahin. Die bauen aufeinander auf und verstärken sich und dann entstehen diese Momente, die sehr revolutionär wirken, weil auf einmal viel Veränderung möglich wird, die kurz zuvor noch unmöglich schien.»

Bleiben wir daran, zusammen mit Frauen unserer Generation, denen die Zukunft der Enkelgeneration nicht gleichgültig ist!

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