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Nonna sucht Liegeplatz – Von Entdeckungen hinter der Müdigkeit

«Es gibt eine neue Krankheit, und ich habe sie.»
So beginnt das Büchlein, das gerade vor mir liegt. Wenn sich die Autorin* nicht alle zwei Stunden flach hinlegen kann, wird ihr schlecht, sie bekommt Schwindel, und es wird ihr elend. Nach kurzer Zeit sind ihre Batterien wieder aufgeladen, und sie kann sich dann erneut auf den Weg machen. Ja, auf den Weg machen, denn die Siebzigjährige denkt trotz ihrer Krankheit nicht daran, einfach zu Hause zu bleiben. So muss sie, wo immer sie gerade ist, sich jeweils unverzüglich nach einem Liegeplatz umsehen, sei es im Museum, im Büro einer Freundin, in einer Buchhandlung, auf dem Friedhof und an vielen weiteren ungewöhnlichen Orten.

Heitere Kolumnen sind aus diesen bunt schillernden Episoden entstanden. Sylvia Frey Werlen zeigt wunderbar auf, wie körperliche Einschränkung ein Tor zu neuen Erfahrungen öffnen kann. Und dass, wer seine Zunge braucht, nicht verloren geht, sondern auf Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft zählen darf. Sie nimmt die ungeplanten Pausen zum Anlass, über ihr reiches Leben zu reflektieren und die Leserinnen und Leser tief einzubeziehen in ihre Welt.

Was mich bei der Lektüre so berührt ist vielleicht das, was der Psychologe James Hillman als den Zweck des menschlichen Alterns sieht: zum eigenen wahren Charakter vorzustossen, um ganz sich selbst zu werden. Sylvia Frey Werlen ist dies – für mein Empfinden – auf eindrückliche Weise gelungen.

© 2020 Lyn Fey


*Sylvia Frey Werlen: Nonna sucht Liegeplatz - Von Entdeckungen hinter der Müdigkeit
und von Kreisen, die enger und durchsichtiger werden
Das Büchlein ist erhältlich bei: kontakt@karpfenverlag.ch

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