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Es gibt noch viel zu tun

Bernadette Kurmann

Ein Glücksgefühl durchströmte mich, als ich diese Woche von der Vergabe des Friedensnobelpreises hörte. Nadia Murad und Denis Mukwege, heissen die beiden Nobelpreisträger, ein Arzt, der sich in seiner Heimat Vergewaltigungsopfern annimmt und eine junge Jesidin, die öffentlich das an ihr verübte Kriegsverbrechen anklagt.

Vergewaltigungen sind uralte Kriegsverbrechen und die schrecklichsten, die ich mir vorstellen kann. Hier werden Frauen zur Waffe entfremdet, um den Gegner zu bekämpfen, zu bestrafen und zu erniedrigen. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn die eigene Frau, die eigene Tochter oder Mutter vom Gegner geschnappt und vergewaltigt wird. Die Verletzung sitzt tiefer als jede Wunde, die mit einer anderen Waffe zugefügt werden kann. Die Frauen werden entmenschlicht, geschunden und an Leib und Seele verletzt. Ihre Wunden bleiben ein Leben lang. Die Opfer bleiben in der Regel stumm und werden kaum sichtbar.

(Fortsetzung)

Trauer im Blickfeld
Dank Friedensnobelpreis tritt nun diese junge Frau Nadia ins Blickfeld. Sie spricht von den Greueltaten, vom Tod zahlreicher Verwandten, von ihrer Zeit als Sexsklavin, von der grössten Erniedrigung in ihrem noch jungen Leben. Und plötzlich hat diese systematische Kriegsführung, die an tausenden von Frauen vollzogen wird, ein Gesicht: ein leidendes, tieftrauriges, weibliches. Sie klagt an, benennt die Ungeheuerlichkeit, die im Namen von Nationen und ihren Kriegen passieren.

Ein Mann klagt an
Da ist dieser Mann im Pensionsalter, charismatisch blickt auch er aus den Zeitungen. Wie die junge Frau trägt auch er einen Schatten von Trauer um die Augen. Der Gynäkologe, der das Leid der Frauen hautnah zu spüren bekam. Er, der ihnen half, sie operierte, ihre zerstörten Becken wieder einigermassen instand stellte und ihnen Mut zum Weiterleben machte. Nachdem er sich bei der Regierung gegen die Massenvergewaltigungen zur Wehr setzte, wurde auch er an Leib und Leben bedroht und musste fliehen. Er kam zurück, weil er die Frauen nicht sich selber überlassen konnte. Als Mann klagt er nun die begangenen Greueltaten an Frauen an.

Kein Erbarmen
Das sind die wahren Heldinnen und Helden unserer Zeit. Das hat das Nobelpreiskomitee richtig erkannt. Sie verdienen unsere Bewunderung. Leider lese ich auf der nächsten Seite, dass Brett Kavanaugh eine weitere Hürde in Richtung höchstes Richterarmt der USA genommen hat. Die Vorwürfe und Tränen der Professorin Christine Blasey Ford und ihrer Mitanklägerinnen waren machtlos gegen das Gezeter des angeklagten Mannes. "Es gibt noch viel zu tun", denke ich traurig.

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