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«Wau: schön, seid ihr da!»

GrossmütterRevolution an der Feministischen Sondersession in Bern

Monika Fischer

Parallel zur Eidgenössischen Herbstsession fand im September in Bern die erste Feministische Sondersession statt. Die beiden Vertreterinnen der GrossmütterRevolution, Marie-Louise Barben und Barbara Gurtner, wurden von den jungen Feministinnen herzlich empfangen. Der Austausch mit jungen Feministinnen im Workshop wurde sehr geschätzt und zeigte: Die jungen Frauen beschäftigen ähnliche Themen wie die ältere Generation früher, allerdings auf einem anderen Level. Gemeinsam möchten sie im Einsatz für Frauenanliegen dranbleiben.

(Fortsetzung)

Plattform für Frauenanliegen
Zur Feministischen Sondersession hatte eine kleine Gruppe von Frauen aus dem Berner Frauenstreikkollektiv und der Eidgenössischen Kommission dini Mueter (EKdM) aufgerufen. Damit wollten sie eine Plattform für all jene schaffen, deren Stimmen bisher nicht gehört wurden. Für all die Frauen*, die während Corona den Alltag am Laufen hielten und weiterhin am Laufen halten. Denn während des Lockdown hatte sich einmal mehr gezeigt: Frauen* und ihre bezahlte und unbezahlte (Care-)Arbeit sind systemrelevant.

Frauen* verändern die Welt
Unter diesem Titel schreiben die Organisatorinnen in ihrem Aufruf:

«Wir sind verschieden, machen unterschiedliche Erfahrungen und haben vielfältige Anliegen. Wir kämpfen gemeinsam und solidarisch für unsere Rechte und um diese Gesellschaft zu verändern. Egal, woher wir kommen, welche Hautfarbe wir haben, wie alt wir sind, welche Ausbildung wir haben, wie wir leben, wen wir lieben und unabhängig von unserem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht.
Solidarität ist unsere Stärke.»

Finanziert via Crowdfunding hatten die Organisatorinnen in kurzer Zeit über 20 Workshops auf die Beine gestellt. Dabei ging es unter anderem um Gesundheit und Gewalt gegen Frauen, Mutterschaft und Mutterschutz, politische Partizipation, Rassismus - und immer wieder darum, dass Frauen viel arbeiten und im Vergleich zu Männern wenig verdienen.

Austausch zwischen den Generationen
Barbara Gurtner beantwortet einige Fragen zu ihren Eindrücken und Erfahrungen.

Wie kam es zu eurem Mitmachen bei der Feministischen Sondersession?
Die Idee der Feministischen Sondersession hat Marie-Louise Barben und mich von Anfang an fasziniert, wir mussten jedoch noch Termine klären. Die Organisatorinnen haben nicht locker gelassen und wollten unbedingt die Präsenz der GrossmütterRevolution. Geplant war in einem Workshop ein Austausch mit jungen Feministinnen. Da war es für Marie-Louise Barben und mich, die wir ja beide in Bern wohnen, selbstverständlich, mitzumachen – und wir freuten uns.

Wie muss frau sich die Veranstaltung vorstellen?
Die FSS fand in der Berner Reithalle statt. Ich nahm ein kleines Brett mit der Aufschrift «GrossmütterRevolution» mit. Schon auf dem Weg wurde ich von einer jungen Frau mit den Worten «Wau, schön, dass ihr da seid. Das freut mich» angesprochen. Jede Frau wurde einzeln sehr herzlich empfangen und registriert. Die Corona-Massnahmen wurden sorgfältig umgesetzt, indem der Anlass mit rund 300 Teilnehmerinnen auseinandergezogen in verschiedenen Räumen stattfand. Deshalb fühlten wir uns sicher. Der einzige Nachteil war, dass wir von den anderen Workshops nicht viel mitbekamen.

Wie verlief euer Workshop?
Wir wussten nicht, was uns erwartete und sagten uns: Wir gehen einfach hin und schauen, was passiert. In unserem Raum lagen in der Mitte ein grosses Papier und viele farbige Zettel. Es war die World-Café-Anlage. Rasch füllte sich zu unserer Überraschung der Raum mit 18 jungen Frauen. Wir stellen uns vor und baten die Anwesenden, ein für sie wichtiges Thema auf einen Zettel zu schreiben. Neben den Themen wie Lohngleichheit, Kinder oder Karriere, Sexualität oder Freiheit, Frauenstreik früher und heute interessierten sich mehrere Frauen für die Generationenthematik, zum Beispiel für den Wissenstransfer von den alten zu den jungen Feministinnen. Wenn wir von unseren Erfahrungen erzählten, hörten die jungen Frauen gerne zu. Sie berichteten von ihren Erfahrungen und wir diskutierten im Rundgespräch über die Themen.

Was bewegt die jungen Frauen heute besonders?
Wir erkannten rasch, dass viele der aktuellen Themen, z.B. Kinderbetreuung, Vereinbarung von Haus- und Familienarbeit zusammenhängen und die jungen Frauen beschäftigen wie uns früher, wenn auch auf einem höheren und besseren Level. Früher wie heute besteht die Herausforderung darin, die richtige Balance zwischen Familien- und Berufsleben zu finden. Heute noch werden Fragen an junge Mütter gestellt, wie sie nie bei einem Mann angebracht würden. Das machte deutlich: Die gesellschaftlichen Ansichten und Normen werden immer noch von den Männern gesetzt. Zudem zeigte die Coronakrise, wie schnell Frauen wieder auf ihre traditionelle Rolle zurückgeworfen werden.

Was ist dein persönliches Fazit nach dem Workshop?
Die jungen Feministinnen wollten wissen, wie wir das Engagement für Frauenfragen 50 Jahre durchgehalten haben und dabei zwäg und fröhlich geblieben sind. Wir zeigten, dass wir mit dem Ziel vor Augen hartnäckig und beharrlich durchgehalten haben und überzeugt sind: Es hat sich alles gelohnt, wir würden es wieder machen und bleiben weiterhin gemeinsam dran. Gleichzeitig wünschten wir den jungen Frauen einen langen Atem. Es war schön, im Gespräch die gegenseitige Wertschätzung zu spüren. Verwundert hat mich allerdings, dass es auch heute noch nicht selbstverständlich ist, sich als Feministinnen zu bezeichnen. Ich dachte, die Zeit, als wir bei unserem Einsatz für Frauenanliegen als Frauenrechtlerinnen und Emanzen beschimpft wurden, sei vorbei. Auch heute spüren die jungen Frauen, was es heisst, wenn frau mit einer bestimmten Haltung gesellschaftlich unter Druck kommt. «Wie kann ich bei einem 100%-Job Mutter sein, für die Kinder da sein, für den Partner da sein, für die Freundin da sein und gleichzeitige einen guten Job machen?», fragte eine junge Teilnehmerin. Deshalb braucht es auch heute neben dem Blick fürs ganze Mut, gemeinsam solidarisch dranzubleiben. Ganz wichtig war für mich auch die Erkenntnis, dass wir Frauen der GrossmütterRevolution gefragte Gesprächspartnerinnen sind. «Ihr hört von uns», sagte eine junge Frau von EKdM beim Abschied zu uns. Dazu sind wir gerne bereit.

Weitere Infos: www.sondersession.ch

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